Der Gleichgewichtssinn

Der Gleichgewichtssinn

Das Gleichgewichtsorgan liegt im Innenohr. Im 3. – 4. Monat der Schwangerschaft wird das Gleichgewichtssystem angelegt und unmittelbar nach der Geburt aktiv.

Das Gleichgewicht und der Bewegungssinn ermöglichen es uns, dass wir uns gegen die Schwerkraft aufrichten können und gehen können.
Das Gleichgewichtssystem, das sogenannte vestibuläre System, ist die wichtigste Vorraussetzung für die motorische Entwicklung. Es nimmt jegliche Schwerkrafteinwirkungen wahr und verarbeitet diese Informationen nützlich. Diese Reize bestehen aus Dreh- und Fortbewegungen, aus Haltungsveränderungen und sie nehmen permantent die Lage des Körpers im Raum wahr.
Die Informationssysteme für das Gleichgewicht sind das optische, akustische und das propriozeptive (Tiefensensibilität) System. Diese Systeme ergänzen sich gegenseitig und geben dem Gehirn Informationen über Formen, Richtungen, Raumlage und räumliche Beziehungen von Gegenständen.

Neben der Funktionsfähigkeit der einzelnen Sinne ist die Integration der unterschiedlichen Sinne wichtig.
Unsere Erfahrungen, Lern- und Denkprozesse spielen dabei eine wichtige Rolle. Erst wenn alle Sinneseindrücke gut verarbeitet werden können, spricht man von einer guten sensorischen Integration. Sie ist Vorraussetzung für Lernen und ermöglicht die Entwicklung von Selbstbewusstsein und Persönlichkeit.
Eine große Aufgabe des Gehirns ist es, wichtige Informationen von unwichtigen zu unterscheiden. Wenn keine Filterung der Reize erfolgt, entsteht eine Reizüberflutung und es kommt zu einer Überforderung. Das kann dann zum Beispiel zu Unkonzentriertheit, Aggression oder Vermeidungsverhalten führen.

Unterentwickelter Gleichgewichtssinn
Beschreiben eine Unterempfindlichkeit des taktilen Systems.
Berührungsreize werden zu stark im vestibulären Systems des Gehirns gehemmt und nicht intensiv genug wahrgenommen. Der Reiz muss deshalb immer eindeutig und von großer Intensität sein.
Kennzeichen sind:

👉 motorische Unruhe
👉 hohe Reizschwelle
👉 verzögerte Aufmerksamkeit
👉 Probleme mit der Kraftdosierung
👉 schmerzunempfindlich
👉 ,,grenzenlos‘‘
👉 Temperaturunempfindlich
👉 sind ständig auf der Suche nach Reizen
👉 ihr Körperschema ist nicht gut entwickelt

Die Störung der vestibulären Wahrnehmung wirken sich auf viele andere Entwicklungsbereiche aus:

👉 Körperkoordination
👉 Augenmuskelkontrolle
👉 Hörverarbeitung
👉 visuelle Verarbeitung
👉 Hand- Augen- Koordination
👉 Sprachentwicklung

Überempfindlichkeit des taktilen Systems
Taktile Reize werden nicht genügend gehemmt und dadurch zu stark wahrgenommen. Berührungsreize sind nicht genau lokalisierbar, schmerzhaft und unangenehm.
Kennzeichen sind:

📌 vermeiden von Berührungen
📌 Abwehrreaktionen auf Berührungen
📌 atypische emotionale Reaktionen auf taktile Reize, Veränderungen
📌 Angst bei Gleichgewichtssimulation (z.B. Karussel)
📌 Vermeidung rechts/links Veränderungen
📌 Höhenangst
📌 Bei Gleichgewichtsverlust oft aggressives Verhalten (fremdgesteuert)
📌 Vermeidungsverhalten und Selbstunterforderung
📌 motorische Ungeschicklichkeit
📌 reagieren oft mit Rückzug und Aggressivität
📌 vermeiden Schaukel, Hängematte, Klettergerüste

Taktil überempfindliche Kinder vermeiden oft:

📌 bestimmte Materialien: Fingerfarben, Creme, Sand,...
📌 bestimmte Stoffe auf der Haut
📌 Nägel schneiden und Haare waschen
📌 reagieren oft hysterisch schon bei kleinen Verletzungen
📌 Haut reagiert stark auf Reizungen